Schon lange wird Japan von anderen Nationen für seine rigide Einreisepolitik gerügt – dass die Volksrepublik China strenge Regeln im Sinne einer “Null-Covid”-Politik mit harter Hand durchsetzt, erwartet man nicht anders. Doch nicht wenige Ausländer sind enttäuscht über die seit April 2020 herrschende Abschottungspolitik Japans, und vor allem aus den anderen OECD-Ländern gibt es viel Kritik. Für fast alle Länder der Welt galt zwei Jahre lang: Wer innerhalb der letzten 14 Tage vor der Einreise nach Japan dort weilte (oder dort auch nur umstieg), wird bei der Einreise in Japan abgewiesen.
Keine Visa für Ausländer
Diese Regelung an sich war jedoch eigentlich unbedeutend, denn andere Regeln waren wesentlich bedeutender: So wurde auch die Visafreiheit für all jene Länder schlichtweg ausgesetzt. Während die Bürger der EU-Staaten vor der Pandemie ohne Visum in Japan einreisen konnten, ging das plötzlich nicht mehr. Ab April 2020 benötigte jeder ein Visum, dass vor Flugantritt in der japanischen Botschaft beantragt werden musste, und die Botschaft erteilte je nach Lage in Japan entweder gar keine oder nur sehr begrenzte Visa. So hatten zum Beispiel Austauschstudierende monatelang keine Chance auf ein Visum. In der Realität war es also egal, ob man aus einem der “gesperrten” Länder kam oder nicht – man bekam einfach grundsätzlich kein Visum.
Langfristige Folgen für die Tourismusbranche
Die neueste Mitteilung[1] des japanischen Außenministeriums zum Thema machte gleich am Anfang deutlich, dass sich eigentlich nichts ändert: Besuche aus touristischen Zwecken bleiben vorerst untersagt. Premierminister Kishida Fumio bekräftigte bei einer Pressekonferenz am 14. April 2022 die aktuelle Einreisepolitik, der Inbound-Tourismus bleibt auf unbegrenzte Zeit ausgesetzt[2]. Diese Aussage wird vor allem im Westen mit Kopfschütteln aufgenommen, und sie wird Japan in Sachen Fremdenverkehrsentwicklung um Jahre zurückwerfen.
2016 gab Japan bekannt, bis zum Jahr 2030 jährlich bis zu 60 Millionen Touristen ins Land locken zu wollen. Bisher hatte das Land mit der “Visit Japan”-Kampagne und anderen Initiativen dabei durchaus Erfolg – während vor der Jahrtausendwende nur rund 5 Millionen Ausländer pro Jahr Japan besuchten, waren es vor Corona bereits bis zu 30 Millionen. Doch wenn Japan weitere Jahre geschlossen bleibt, läuft das Land Gefahr
- viel von der touristischen Infrastruktur zu verlieren
- das Interesse unter ausländischen Touristen zu verlieren
Angst vor neuer Corona-Welle
Beides dürfte viele Jahre benötigen, um wieder zu einem Vor-Corona-Zustand zu gelangen. Dennoch steht die Bevölkerung mehrheitlich hinter der zögerlichen Haltung, die Grenzen wieder zu öffnen, und das hat zweierlei Gründe:
- Corona bleibt ein Thema – man hat Angst vor einer ungehemmten Ausbreitung. Bilder aus dem Ausland von Menschenmassen ohne Maske trotz hoher Inzidenz bekräftigt viele Japaner in ihrer Meinung, dass es dort an Disziplin bezüglich einfachster Maßnahmen mangelt
- Vielen Japanern war die Versechsfachung des Fremdenverkehrs in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht ganz geheuer – plötzlich gab es überall Massen von Ausländern, so dass man im eigenen Land Probleme bekam, an bestimmten Orten zu übernachten oder zu speisen.
Einflüsse auf in Japan lebende Ausländer
Die Tatsache, dass Japan nun seit zwei Jahren keine Touristen ins Land lässt, hat auch für in Japan wohnhafte Ausländer Folgen. Angehörige aus der Heimat zum Beispiel reisen in der Regel als Touristen ein. Doch das geht seit 2020 nicht mehr, und so können sich viele Familien nicht mehr persönlich treffen. Ist ein Ehepartner japanischer Staatsbürger, gibt es zwar neuerdings die Möglichkeit, mit Hilfe eines Einladungsschreibens und bestimmter Formulare ein Visum für Verwandte ersten Grades (und zweiten Grades) zu Erlangen. Sind jedoch die Ehepartner beide etwa aus EU-Ländern, haben die Eltern oder Kinder noch immer keine Chance, die Familie in Japan zu besuchen.
Eine weitere interessante Folge der Abschottung ist die Entwöhnung der japanischen Bevölkerung des Anblicks von Ausländern. Wenn man in den 1990ern nach Japan fuhr, hörte man des Öfteren und vor allem von Kindern ein “Guck mal, ein Ausländer!”. Das verschwand mit zunehmenden Touristenscharen. Außerdem war es früher unter Ausländern in Japan durchaus üblich, sich – auch unbekannterweise – auf der Straße zu grüßen. Beide Phänomene sind nun zurückgekehrt. Man ist als Ausländer ein „Exot“, und Exoten bekunden gerne untereinander ein Zusammengehörigkeitsgefühl.
Einen kleinen Lichtblick gibt es dennoch: Seit dem 10. April dürfen nun bis zu 10.000 Ausländer pro Tag nach Japan einreisen – damit können nun also wenigstens Studierende zum Beispiel wieder einreisen.
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