Japan - mit dem zug von Nord nach Süd 19-Tage-Studienreise

Wohin geht die „Go To Travel“-Reise?

Matthias Reich
Matthias Reich

Lange hat sich die Regierung beharrlich geweigert, die umstrittene „Go to Travel“-Kampagne, mit der der Inlandstourismus angekurbelt werden soll, auszusetzen. Doch Corona und sinkende Umfragewerte zwangen die Politiker dann doch zur 180-Grad-Wende. Wie soll es weitergehen?

Bauklötze ("Go to") und Spielzeugauto

An eines wird man sich in Sachen Corona wohl auch noch in vielen Jahren zurück erinnern: das Chaos. Erst sagt die Regierung dem Volk, es solle gefälligst zu Hause bleiben und, soweit möglich, nicht die eigene Präfektur verlassen. Dann sagt sie, es solle möglichst viel herumreisen, in alle Ecken des Landes. Und dann heißt es plötzlich wieder: “Stopp! Hört auf zu Reisen und bleibt zu Hause”. Garniert wurde das Chaos noch mit delikaten Ausnahmen – streckenweise nahm man nämlich einzig die Bewohner von Tōkyō von der “Go To Travel”-Aktion aus. Doch jeder, der schon einmal in Tōkyō war, weiß, dass die Stadt kein Anfang und kein Ende hat. Wer sich in Chiba in einen Zug setzt und zwei Stunden lang Richtung Süden nach Yokosuka fährt, muss sich schon sehr gut auskennen, um zu merken, wann die eine Stadt anfängt und die nächste aufhört.

Das steckt hinter „Go To Travel“

„Go To Travel“ ist eine gut gemeinte Idee. Nicht wenige Orte in Japan leben vom Tourismus, Okinawa zum Beispiel. Bleiben die Besucher aus, wird es wirtschaftlich schnell sehr eng. Aus diesem Grund hatte man vor Jahren die furusato nōzei (ふるさと納税, „Heimatsteuerzahlung“), eingeführt. Das Prinzip ist seltsam: Man „spendet“ zum Beispiel 102.000 Yen, also fast 800 Euro, an eine Gemeinde der Wahl, und erhält dafür etwas im Gegenwert von bis zu 300 Euro. Teure Lebensmittel zum Beispiel, oder Übernachtungsgutscheine. Dafür bezahlt man dann im folgenden Jahr 100.000 Yen weniger Kommunalsteuer. Man kauft also für 1,50 Euro etwas, was rund 300 Euro wert ist. Damit wollte bzw. will man die chronisch klammen Gemeindekassen in der Provinz aufbessern – mit fragwürdigem Erfolg.

„Go To Travel“ hatte das gleiche Ziel. Der Staat subventionierte Anreise- und Übernachtungskosten – und das nicht zu knapp. Es gibt bzw. gab zwar Obergrenzen, aber wer zum Beispiel ein Hotel im Wert von 40.000 Yen (rund 330 Euro) buchte, bekam 35 % Nachlass und zahlte somit nur 26.000 Yen. Obendrein bekam man sogar noch Coupons im Wert von 15 %, in diesem Fall also 6.000 Yen, die man vor Ort in Restaurants und dergleichen benutzen konnte – so die Restaurants das akzeptierten, denn es gab einige Verwirrung und Probleme seitens der Restaurantbesitzer, sich für das Couponsystem anzumelden.

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Der unverhoffte Rabatt animierte so die Menschen zum Reisen – doch das Coronavirus reiste natürlich mit und sorgte so für eine Ausbreitung im ganzen Land. Das bekam am schnellsten die Lieblingsdestination der Japaner, Okinawa, zu spüren. Sehr schnell stießen dort die Krankenhäuser an ihre Belastungsgrenzen. Ausgebuchte Hotels und Restaurants sorgten somit zwar für eine temporäre Entlastung der arg gebeutelten Tourismus-Branche, doch das brachte zahlreiche Infektionen mit sich.

Wie geht es weiter?

Nun ist die Kampagne allerdings bis zum 7. Februar ausgesetzt – so lange dauert vorerst der Ausnahmezustand in Teilen des Landes. Eigentlich sollte die Kampagne selbst schon am 31. Januar 2021 enden, doch bereits vor der Aussetzung wurde verlautet, dass es nun bis Ende Juni 2021 weitergehen soll. Oder bis das Budget der Regierung aufgebraucht ist, doch darüber gibt es keine verlässlichen Angaben. Selbst wenn die Kampagne bis Ende Juni andauern soll, und selbst wenn bis dahin wieder ausländische Touristen ins Land gelassen werden sollen – für diese ist „Go To Travel“ nicht gedacht – ein Wohnsitz in Japan ist Bedingung.

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Solange die Infektionszahlen jedoch auf hohem Niveau bleiben, sehen die Japaner die Aktion zwiegespalten. Fast die Hälfte der Bevölkerung, rund 52 Millionen Menschen, hat auf die eine oder andere Weise von dem Angebot profitiert, doch nicht wenige Menschen glauben, dass sich das Corona-Virus deswegen so schnell verbreitete, und damit Menschenleben kostete.

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