Japan - mit dem zug von Nord nach Süd 19-Tage-Studienreise

1 Jahr Reiwa – eine kleine Bilanz

Matthias Reich
Matthias Reich

Seit einem Jahr nun hat Japan einen neuen Kaiser, der mit seiner Thronzeremonie eine neue Zeitrechnung begann: die Reiwa-Ära. Doch niemand hätte vor einem Jahr im Entferntesten daran gedacht, wie rasant sich die Welt innerhalb weniger Wochen ändern kann.

Schild Reiwa

Es scheint fast wie ein Rückblick in eine andere Zeit. Kaiser Akihito dankt aus Altersgründen ab und räumt so den Thron für seinen ältesten Sohn, Prinz Naruhito. Um das gebührend zu feiern, gab es zehn freie Tage am Stück – die Megaversion der Goldenen Woche Anfang Mai. Und das Volk nutzte die Feiertage ausgiebig.

Ein Jahr später könnte der Kontrast größer nicht sein. An den touristisch beliebtesten Orten gibt es keine Menschen. Die Straßen sind leer, viele Geschäfte und Restaurants sind geschlossen. Es gibt quasi null ausländische Touristen. Das gesamte Land ist seit Anfang April ganz offiziell im Ausnahmezustand, denn Corona grassiert auch seit Januar in Japan, und jeder in Japan spürt: Die Einschläge kommen immer näher. Noch herrschen keine italienischen oder spanischen Verhältnisse, aber Politiker warnen unermüdlich davor, dass es auch in Japan sehr schnell soweit kommen könnte, wenn sich die Bevölkerung nicht in Zurückhaltung übt. Und der überwiegende Teil der Japaner wird sich daran halten, obwohl alle Maßnahmen auf Freiwilligenbasis laufen. Und beim Stand Ende Mai 2020 sogar erfolgreich.

Der Beginn einer neuen Ära: Erste Eindrücke von ReiwaAm 1. Mai 2019 wurde Naruhito, der Sohn des emeritierten Tennō Akihito, inthronisiert. Einen Tag zuvor endete die Heisei-Zeit. Am Mittwoch z...02.05.2019

Im Schatten einer Pandemie

Das Jahr 1 der Reiwa-Zeit wird somit als Jahr, in dem Corona erstmals auftauchte und begann, die Gesellschaft zu ändern, in die Geschichtsbücher eingehen. Doch wer weiß – vielleicht geht das Jahr 2 als “das Jahr, an dem sich Japan – mal wieder – am eigenen Schopf aus dem Sumpf zog” in die Annalen ein. Doch dafür ist es noch zu früh, sind doch die wirtschaftlichen Folgen oder die Zukunft des “Lebens mit Corona” noch gar nicht abzusehen.

Eines fiel in diesem Jahr jedoch auf: Vom neuen Kaiser liest und hört man nicht viel – erst recht nicht nach dem Ausbruch von Corona. Während man beim Vater, dem Kaiser Akihito, das Gefühl hatte, dass er nebst Kaisergemahlin ständig unterwegs war, um mit allerlei Menschen zu sprechen, Trost auszusprechen oder einfach nur zuzuhören, sieht das jetzt anders aus. Der vom Palastamt veröffentlichte Kalender des Kaiserpaars bestätigt dies – selbst vor Corona wurde nicht viel gereist, was allerdings auch daran liegen könnte, dass es das erste Jahr der Regentschaft ist. Dass der Kaiser in Zeiten von Corona nicht an die Öffentlichkeit tritt, leuchtet natürlich ein – das “Stay Home” sollte auch auf den Kaiser und seine Entourage zutreffen. Man fühlt sich aber versucht, den Kaiser mit dem Bundespräsidenten zu vergleichen, der sich hin und wieder an das Volk und die Politiker wendet – erst recht in schwierigen Zeiten.

Schild Reiwa

In der japanischen Politik hat sich im Jahr Reiwa 1 jedenfalls nicht viel geändert. Die Machtverhältnisse sind seit Jahren unverändert, und vor allem die Regierungspartei LDP wartet wie gewohnt mit dem einen oder anderen Skandal auf – zuletzt der oberste Anwalt von Tōkyō, der trotz Corona-Maßnahmen Freunde besuchte, um mit ihnen ein paar Runden Mah-Jongg zu spielen. Und das auch noch um Geld, was in Japan eigentlich verboten ist.

So gesehen war das erste Jahr der Reiwa-Regentschaft also eher ruhig – die wirklich turbulente Zeit wird wohl erst mit Post-Corona einsetzen, denn wirtschaftliche Folgen sind zu erwarten, aber noch nicht vollends abzusehen.

Der 22. Februar dieses Jahres war übrigens ein ganz besonderes Datum, das so nicht wiederkommen wird: es war der 22.02., Reiwa 2, im Jahr 2020. Mehr 2 geht nicht.

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