Das japanische Wetteramt hatte vorgewarnt: Die Monate Juli bis September werden heißer als üblich und diverse Rekorde purzeln lassen. Und so kam es auch, mit unterschiedlichen Folgen für die jeweiligen Regionen. Die Regenzeit fiel auf Okinawa nahezu vollständig aus und auch im Großraum Tōkyō, wo die Regenzeit für gewöhnlich bis zum 20. Juli anhält, war bereits Ende Juni Schluss. Die sonst erst Ende Juli einsetzende Hitze begann einen Monat früher. In den folgenden Wochen lag die Temperatur in den großen Städten nahezu täglich bereits um 8 Uhr morgens bei 30 Grad und mehr und die Nächte waren durchgehend tropisch. In Talkesseln gelegene Städte wie Kyōto oder Takasaki trifft es wie immer am schlimmsten – dort näherten sich die Temperaturen wochenlang der 40 Grad-Marke.
Die hohen Temperaturen forderten auf direkte Weise soweit mehrere dutzend Menschenleben – in vielen Fällen sind es ältere Menschen, die den Flüssigkeitsbedarf oder die Nachthitze unterschätzen. Indirekt waren es hunderte Menschenleben, denn mit der Hitze einhergehende, schwere Unwetter haben allein im Westen Japans innerhalb von zwei Tagen in der Julimitte über 200 Menschenleben gekostet. [JAPANDIGEST berichtete.]
Ökonomen gewinnen dem Ganzen jedoch auch etwas Positives ab: Die hohen Temperaturen kurbeln die Wirtschaft an, da die Verbraucher mit einem spürbar höheren Bedarf an Erfrischungen, Klimaanlagen und dergleichen die Binnennachfrage beleben. Wirtschaftswissenschaftler gehen davon aus, dass ein Temperaturanstieg von einem Grad im Vergleich zum Vorjahr die Binnennachfrage um 0,3 bis 0,5 Prozent ansteigen lässt. Davon profitiert vor allem der Einzelhandel (insbesondere die Convenience Stores), aber auch die Klimaanlagenbauer (Hitzewellen fordern auch unter Klimaanlagen viele Opfer) und nicht zuletzt die Bauindustrie, die die Schäden der Unwetter beseitigt. Doch der Umsatzboom hat einen Jo-Jo-Effekt: Kaum wird es kühler, schnallen viele den Gürtel enger als üblich, sodass unter dem Strich nicht viel übrig bleibt vom Umsatzplus. Sicher geben viele Haushalte in einem Rekordsommer mehr für Bier, Schwimmbadbesuche und kühlende Geräte aus – schwerwiegender ist jedoch der Anstieg der Stromrechnungen, der die Menschen später zum Sparen zwingt.
Der Sommer 2018 hat jedoch noch eine weitere wichtige Debatte belebt: Was, wenn der Sommer 2020 während der Olympischen Spiele ebenso heiß wird? Bereits in diesem Jahr geben die Ämter fast täglich Warnungen an die Bevölkerung heraus, dass man aufgrund der Hitze Bewegung im Freien nach Möglichkeit vermeiden soll – daran müssen sich zum Beispiel auch Schulen und andere Institutionen halten, was allerdings nicht immer der Fall ist. Hinzu kommt der gelegentlich auftretende Fotosmog – Bedingungen, die vor allem den Langstreckenläufern sehr zu schaffen machen würden. Als Gegenmaßnahmen zirkulieren momentan Ideen, einige Disziplinen in kühlere Gefilde wie Hokkaidō zu verlegen oder die Läufer in den sehr frühen Morgenstunden starten zu lassen. Möglich sind auch Verkehrseinschränkungen, obwohl die in Tōkyō nur bedingt wirksam wären – der Großteil der Bevölkerung fährt seit eh und je mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Im Kontext betrachtet kommen auf Tōkyō jedenfalls riesige Herausforderungen zu: Die Hitze ist dabei nur eine Seite der Medaille, doch der Meeresspiegelanstieg wird noch zu viel größeren Problemen führen.
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