Wie bekämpft man effektiv ein weltweit wütendes Virus? Für eine Inselnation wie Japan oder Neuseeland liegt die Antwort auf der Hand: Man schottet das Land ab und konzentriert sich darauf, die bereits national existenten Fälle zu behandeln. Einreisende aus anderen Ländern stellen natürlich einen Risikofaktor dar.
Rund 2,2 Millionen Ausländer haben ein gültiges Visum für Japan, und ein gutes Drittel davon hat eine permanente Aufenthaltsgenehmigung. Doch seit April ist diese alles andere als permanent. Wer nämlich nach dem 3. April in einem der Länder, die auf der japanischen Risikoliste stehen, weilte – und sei es nur für eine Stunde im Transitbereich wohlgemerkt – darf in den allermeisten Fällen nicht wieder nach Japan einreisen. Die Risikoliste ist lang – mehr als die Hälfte aller Staaten weltweit, inklusive alle EU-Nationen und die USA, stehen auf der Liste. Und den japanischen Behörden ist es egal, ob der oder die Einreisende eine permanente Aufenthaltsgenehmigung hat, in Japan arbeitet und in Japan womöglich eigene Kinder hat: Die Einreise wird verweigert.
Rückkehr nur in Ausnahmefällen
In seltenen Fällen werden Ausnahmen gemacht – bei Todesfällen in der Familie zum Beispiel. Dann muss man jedoch allerlei Formulare und Bescheinigungen bei der japanischen Botschaft im betreffenden Land einreichen und auf Kulanz hoffen. Diese Ausnahmeregelungen gibt es allerdings auch erst seit dem 12. Juni – vorher hatte man nahezu keine Chance. Außerdem braucht man einen maximal 72 Stunden alten, negativen COVID-19 Testbescheid. Ganz anders sieht es da bei japanischen Staatsangehörigen und bei Personen mit spezieller Aufenthaltsgenehmigung (in der Regel Koreaner, die seit Generationen in Japan leben) aus: Die dürfen auch aus Risikogebieten wieder einreisen, und sollen sich nach der Einreise lediglich zwei Wochen in Quarantäne begeben, die aber von niemandem kontrolliert wird.
Unfaire Behandlung
Kein anderes G7-Land verfährt so strikt wie Japan, und die Maßnahmen sorgen für viel Unmut und Verzweiflung. Bestenfalls kann man sie als ungerecht bezeichnen. So kann man zum Beispiel auch im Sommer Touristengruppen sehen, die laut sprechend und lachend vor Sehenswürdigkeiten posieren – Vietnamesen zum Beispiel, da es dort so gut wie keine Corona-Fälle gibt. Diese Touristen dürfen einreisen – ein Familienvater, der seit 20 Jahren in Japan lebt, nebst Frau und Kindern, die hier zu Schule gehen, hingegen nicht, wenn er aus einem der Risikoländer stammt. Leitet derjenige auch noch seine eigene Firma oder Schule, kann diese nicht weitergeführt werden, und nicht jedes japanische Unternehmen ist dazu bereit, weiterhin monatlich ein Gehalt zu zahlen, wenn nicht sicher ist, wann der Angestellte wieder zur Arbeit erscheinen kann. Umgekehrt trifft es natürlich auch all diejenigen, die in Japan geblieben sind: Die unsichere Lage sorgt dafür, dass die meisten in Japan lebenden Ausländer vorerst darauf verzichten müssen, in die Heimat zu reisen – aus Angst davor, nicht wieder zurückkehren zu dürfen.
Unsicherheit vor und nach Rückkehr
Richtig bitter ist diese strikte Politik für die zahlreichen Ausländer aus ärmeren Ländern wie Indien, Bangladesch, Nepal, Indonesien und so weiter, denn die japanischen Behörden sind sich nicht zu fein, weiter Steuern einzutreiben, und die Vermieter verlangen logischerweise auch weiterhin ihre Miete. Nicht nach Japan zurückkehren zu können, dort aber immer noch Steuern und Miete zahlen zu müssen, bricht vielen das Genick, so dass sie, selbst wenn sie eines Tages nach Japan zurückkehren können, mit einem großen Berg Schulden konfrontiert werden.
Leider ist diese Problematik nicht neu: Eine permanente Aufenthaltsgenehmigung für Japan bedeutet noch lange nicht, dass man die gleichen Rechte hat wie ein Japaner. Man darf die gleichen Steuern zahlen, aber ansonsten hat man mit der Aufenthaltsgenehmigung kaum mehr Rechte als ein ganz normaler Tourist. In diesem Sinne kann man nur hoffen, dass die Regierung schnellstmöglich auf ein humanes Modell umschwenkt. Gerne mit Quarantäne und Selbstbeteiligung an den Testkosten, aber wer seit Jahren seinen Lebensschwerpunkt in Japan hat, sollte auch das Recht haben, sein Leben dort weiterzuführen.
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