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Utagawa Hiroshige: Der Ukiyo-e-Künstler und seine Edo-Zeit

Natascha Mattern
Natascha Mattern

Utagawa Hiroshige war ein berühmter japanischer Künstler des 19. Jahrhunderts, der für seine Ukiyo-e-Holzschnitte berühmt ist. Seine Werke zeichnen sich durch ihre detailreiche Darstellung von Natur und Alltagsleben aus und hatten einen großen Einfluss auf die japanische Kunstgeschichte. Sie inspirieren noch heute, viele Jahrhunderte nach seinem Tod.

Das Restaurant Mankin in Asakusa, aus der Serie "Berühmte Restaurants in Edo" (1838-1840).
Das Restaurant Mankin in Asakusa, aus der Serie "Berühmte Restaurants in Edo" (1838-1840).

Hiroshige wurde 1797 im Stadtviertel Yayosugashi (heute Marunouchi im Stadtbezirk Chiyoda) in Edo, dem heutigen Tōkyō, geboren. Nach dem Tod seiner Eltern übte er den Beruf seines Vaters als Feuerwehrmann aus. Da dieser Beruf ihm viel Zeit ließ, begann er eine Lehre als Farbholzschnittzeichner. Bald darauf nahm er auch Malunterricht bei seinem Freund und Vorgesetzen Okajima Rinzō. Daraus entwickelte sich eine große Leidenschaft zur Kunst und er entschied sich, diese mit vollem Einsatz zu verfolgen. So wurde er Schüler des Ukiyo-e-Meisters Utagawa Toyohiro und nahm den Namen „Utagawa Hiroshige“ an. Der Beiname „Utagawa“ stammte von der Kunstschule, an der er lernte, während er „Hiroshige“ als Künstlernamen selbst wählte. Sein Geburtsname war Andō Tokutarō.

Während Hiroshige seine Fertigkeiten als Ukiyo-e-Künstler erlernte, entwickelte er ein besonderes Interesse für die Darstellung des gesellschaftlichen Lebens in Edo, dem sozialen und wirtschaftlichen Herzen Japans, und seiner Umgebung. Bis um das Jahr 1827 herum erhielt Hiroshige von den Verlegern nur wenige Aufträge für Druckentwürfe. Bei einem Ukiyo-e sind in der Regel vier Personen beteiligt: Der Verleger, der ein Thema oder Motiv festlegt, die Materialien finanziert, zwischen den werkenden Personen koordiniert und das Werk verkauft, der Künstler selbst, sowie ein Holzschneider und ein Drucker.

Hiroshige wird berühmt

Seine erste anerkannte Serie war “Berühmte Ansichten der östlichen Hauptstadt”, aber erst seine zweite Serie, „Dreiundfünfzig Stationen des Tōkaidō“, die zwischen 1834 und 1836 veröffentlicht wurde, verhalf ihm zu weltweiter Berühmtheit. In diesen Arbeiten fing Hiroshige die Schönheit der japanischen Landschaften und Momentaufnahmen der Reise entlang der Poststraße ein, die Edo und Kyōto miteinander verband. Mit den Drucken dieser Serie, unter denen sich einige der bekanntesten Arbeiten Hiroshiges finden, begründete er seinen Ruf als der Zeichner von Landschaften für Ukiyo-e in den letzten drei Jahrzehnten der Edo-Zeit. In den Jahren bis zu seinem Tod im Jahr 1858 erhielt er zahlreiche Aufträge für die Gestaltung von Farbholzschnitten und Farbholzschnittserien.

Privat ist über Hiroshige wenig bekannt. Er war zweimal verheiratet. Seine erste Frau starb 1839. Mit ihr hatte er einen Sohn. Mit seiner zweiten Frau kam noch eine Tochter hinzu. Nach 1840 begann er mehrere ausgedehnte Reisen quer durch Japan, in denen er verschiedenste Landschaften skizzierte, die ihm später als Vorlage für neue Holzdruckschnitte dienten. 1856 entschied sich Hiroshige aus unbekannten Gründen buddhistischer Mönch zu werden. Er zog sich damit aus der realen Welt zurück. Im Alter von 62 Jahren starb er im Jahr 1858 und wurde im Stadtteil Asakusa beerdigt.

Ukiyoe von HokusaiUkiyo-e: Einblicke in die Kunst und Populärkultur der Edo-ZeitJapanische Holzschnitte, genannt ukiyo-e, entwickelten sich im Laufe der Edo-Zeit zu einer populären Kunstform. Ihre Abbildungen waren eng m...24.04.2024

Malstil

Hiroshige ist bekannt für seine einzigartige Anwendung von Farbe und Perspektiven, die sich stark von anderen Künstlern seiner Zeit unterscheidet. Hiroshige nutzte Farben auf kreative und innovative Weise. Seine farbenfrohen Drucke zeichnen sich durch eine lebendige Palette aus, die oft ungewöhnliche und auffällige Farbkombinationen beinhaltet. Hinzu kommt, dass er oft mehrere Farben in einer einzelnen Fläche verwendet, was seine Kunstwerke noch dynamischer und lebendiger macht.

Er experimentierte auch mit unterschiedlichen Perspektiven in seinen Werken, was für die Ukiyo-e Kunst zu dieser Zeit ziemlich ungewöhnlich war. Dies gab seinen Kunstwerken eine einzigartige räumliche Tiefe und Dimension. Ein weiteres Merkmal seiner Arbeiten ist die Verwendung von Vogel- oder Froschperspektiven, die seinen Szenen einen besonderen Charakter und Eindruck verleihen. Er malte hauptsächlich Szenen aus der Natur, wie Berge, Flüsse und Blumen. Seine Szenen sind mit einer ruhigen und suggestiven Schönheit gefüllt, die seine scharfe Beobachtung des Alltags und der wechselnden Jahreszeiten widerspiegelt. Sein Fokus auf atmosphärische Phänomene und die Verwendung von Raum hatten einen starken Einfluss auf die Welt der Bildenden Künste.

Berühmte Serien des Hiroshige

Dreiundfünfzig Stationen des Tōkaidō

Diese Serie zeigt verschiedene Orte entlang der Tōkaidō-Straße, die im alten Japan die wichtigen Metropolen Edo und Kyōto verband. Während Hiroshiges Reise entlang dieser Straße hielt er an jeder der 53 Stationen an, um eine Szene aus dem dortigen Alltagsleben zu skizzieren, welche die Menschen, Aktivitäten, natürliche Landschaften und die jeweilige Atmosphäre repräsentiert.

Nihonbashi aus der Serie "Dreiunfünfzig Stationen der Tōkaidō" (ca. 1833/35)
Nihonbashi aus der Serie "Dreiunfünfzig Stationen der Tōkaidō" (ca. 1833/35)

Hundert berühmte Ansichten von Edo

Dieser Zyklus besteht aus 118 Kunstwerken, die verschiedene Orte und Szenerien in der Stadt Edo darstellen. Dabei zeigt Hiroshige sowohl berühmte Sehenswürdigkeiten als auch Alltagsszenen, indem er sie durch seine einzigartigen Perspektiven und den Einsatz von Farbe und Licht zum Leben erweckt. Die Serie offenbart Hiroshiges tiefe Wertschätzung sowohl für die Natur als auch für das Stadtleben und hilft dabei, die Kultur und das Leben der Menschen während der Edo-Zeit zu verstehen.

„Blick von Massaki auf den Suijin-Schrein, die Uchigawa-Bucht und Sekiya“ aus der Serie „Hundert berühmte Ansichten von Edo“ (1857).
„Blick von Massaki auf den Suijin-Schrein, die Uchigawa-Bucht und Sekiya“ aus der Serie „Hundert berühmte Ansichten von Edo“ (1857).

Sechsunddreißig Ansichten des Berges Fuji

Diese Serie besteht aus 36 Drucken, die den Fuji, Japans höchsten Berg und Nationalsymbol, aus unterschiedlichen Perspektiven (einschließlich Blicken aus der Ferne, nahen Betrachtungen und mit unterschiedlichen Wetterbedingungen) und in verschiedenen Jahreszeiten zeigen. Jedes Bild zeigt eine einzigartige Szene von Schönheit und Ruhe, in der der Fuji stets eine dominierende und zugleich harmonische Präsenz hat.

Berg Kano in der Provinz Kazusa aus der Serie „Sechsunddreißig Ansichten des Berges Fuji“ (1858).
Berg Kano in der Provinz Kazusa aus der Serie „Sechsunddreißig Ansichten des Berges Fuji“ (1858).

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Nachwirkung und Einflüsse

In den 1850er Jahren erreichte Hiroshiges Ruhm seinen Höhepunkt. Man schätzt, dass er zu Lebzeiten über 5000 Farbholzschnitte geschaffen hat. Vieler seiner Ukiyo-e-Drucke wurden zu beliebten Souvenirs für Touristen und Inspirationsquellen für aufstrebende Künstler weltweit. Hiroshige hatte einen enormen Einfluss auf viele Künstler, insbesondere auf europäische Maler des 19. und 20. Jahrhunderts. Unter anderen wurde er von den Impressionisten und Post-Impressionisten wie Vincent van Gogh, Claude Monet und Edgar Degas sehr bewundert. So kopierte Van Gogh einige seiner Holzschnitte und Monet dekorierte sein Haus mit japanischen Holzschnitten, darunter auch viele von Hiroshige. Sie waren alle fasziniert von seinen leuchtenden Farben und seinen innovativen Perspektiven und Kompositionen. Sie integrierten viele von Hiroshiges Ideen in ihre eigene Arbeit, was dazu beitrug, die Richtung der westlichen Kunst zu verändern.

Werke Van Goghs, die auf Kopien beruhten waren z.B. “Die Brücke im Regen” (nach Hiroshiges “Der Pflaumengarten in Kameido”) oder auch “Japonaiserie: Blühender Pflaumenbaum” (nach Hiroshiges “Der Pflaumengarten bei Kamata”). Hiroshiges künstlerisches Schaffen veränderte für immer den Rahmen des Ukiyo-e. Sein Einfluss war weitreichend und anhaltend, er überwand Kulturen, Zeiten und Medien und inspirierte unzählige andere Künstler in östlichen und westlichen Gesellschaften. Seine Darstellung flüchtiger Momente und der Vergänglichkeit von Schönheit haben bis heute Bestand und er bleibt ein wahrer Pionier der japanischen Kunst und Kultur.

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